Mentorin für Mitarbeitende in Ausbildung: So begleiten wir die Fachkräfte von morgen


Rolle und Motivation der Mentorinnen und Mentoren
Was hat Sie persönlich dazu motiviert, Mentor (m/w/d) für Mitarbeitende in Auszubildende bei Kita Nordwest zu werden?
Ich habe schon immer gerne Auszubildende und Praktikanten (m/w/d) begleitet und betreut. Es macht mir große Freude, so meinen Teil dazu beizutragen, Fachkräfte zu gewinnen. Allerdings hatte ich die Herausforderung, dass es an der Zeit mangelte und die Qualität deswegen auf der Strecke blieb. Dieses Problem hatte ich auch bei anderen Trägern, bei denen ich vor Kindertagesstätten Nordwest gearbeitet habe. Das entsprach nicht ganz meinen eigenen Ansprüchen. „Als ich die Stellenausschreibung Mentor (m/w/d) für Mitarbeitende in Ausbildung sah, wusste ich sofort: Das macht Sinn, genau das will ich tun! Meinen Schwerpunkt auf das große Thema Ausbildung legen, meine Erfahrung und mein Wissen einbringen und mich dabei kontinuierlich weiterentwickeln.“
Wie definieren Sie Ihre Rolle als Mentorin im dualen Ausbildungsmodell bei Kita Nordwest?
Ich sehe mich als Verbindungsglied. Ich verknüpfe Praxis und Theorie miteinander, gehe in den Austausch, bin Ansprechpartnerin für Fallbesprechungen, pädagogische Themen und nicht Teammitglied der Einrichtung. Dadurch kann ich neutral und fachlich auf die Dinge schauen und Vertrauensperson für die Mitarbeitenden in Ausbildung (kurz: MiAs) sein. Ich möchte Vorbild sein, authentisch sein, unterstützen und meine Erfahrung und mein Fachwissen weitergeben. Ebenso möchte ich Stärken bei den MiAs ausbauen und Ziele entwickeln, an denen sie wachsen können und zu einer selbstständigen Fachkraft werden.
Praxisbegleitung nach Leitfaden – für Qualität und Struktur
Wie gestalten Sie den typischen Austausch mit einer Auszubildenden oder einem Auszubildenden?
In der Einrichtung verbinde ich Praxis und Theorie: Je nach Bedarf sind wir zuerst bei den Kindern und reflektieren anschließend, oder wir beginnen direkt mit einem theoretischen Austausch zu schulischen Themen, Schlüsselkompetenzen, Diskriminierung, Fallbeispielen und Pädagogik. Für mich haben die Anliegen der MiAs immer Priorität. Für den Austausch ist mir eine positive, lockere Atmosphäre und Fehlerfreundlichkeit besonders wichtig.
Welche Methoden nutzen Sie, um die individuellen Stärken und Lernbedarfe der MiA zu erkennen und zu fördern?
Ich nutze gemeinsame Reflexion, gezieltes Feedback und angeleitete Selbstreflexion, um Stärken und Lernbedarfe der MiA zu erkennen und positive Erfahrungen festzuhalten. Wir besprechen Fähigkeiten, Fertigkeiten und Stolpersteine. Durch gezielte Fragen, Zielplanung, Checklisten und Interviews erkenne ich den Lernbedarf der MiAs.
Inwiefern nutzen Sie den offiziellen Leitfaden zur Praxisbegleitung mit Checklisten, Reflexionsfragen und Ideen für Anleitergespräche?
Vollumfänglich. Er ist Grundlage für meine tägliche Arbeit und leitet die MiAs und mich durch die Semester. Die Checkliste wird zu Beginn eines jeden Semesters gemeinsam besprochen und ausgefüllt. Auch die Reflexionsfragen und Ideen werden von mir umgesetzt. Ich finde den offiziellen Leitfaden zur Praxisbegleitung hilfreich und nützlich. Er setzt Standards, die Qualität sichern.
So gelingt die Zusammenarbeit mit den Mitarbeitenden in Ausbildung
Wie erleben Sie die Kombination aus theoretischer Ausbildung und praktischer Tätigkeit in unseren Kita-Teams?
Ich denke, dass die berufsbegleitende Ausbildung ein tolles Konzept ist, weil sie Theorie und Praxis super miteinander verbindet und die MiAs alles gleich anwenden und erleben können. Nach meiner Erfahrung sind die MiAs nach der Ausbildung fachlich und praktisch besser aufgestellt als nach der schulischen Ausbildung. Die Kita-Teams sehen das oft auch so: Die MiAs sind schnell einsetzbar und oft ein vollwertiges Teammitglied, was den Teams hilft.
Die Diskrepanz liegt oft in der Mischung der Generationen, in denen Fachkräfte ihre Ausbildung gemacht haben. Kollegen (m/w/d), die lange im Kita-Alltag sind, staunen über die „Best Practice“-Ausbildung der MiAs, was zu Reibungen führt. MiAs werden dadurch gebremst und trauen sich manchmal nicht, ihre Ideen einzubringen, obwohl sie den richtigen Ansatz haben. Auch die Vorbildfunktion ist nicht immer gegeben. Einige Fachkräfte fühlen sich müde und kraftlos durch die letzten Jahre, den Fachkräftemangel, viele Veränderungen und das Offene Konzept, das Vor- und Nachteile mit sich bringt.
Welche Rolle spielen für Sie die Kooperationen mit Fachschulen wie Pro Inklusio oder Anna-Freud in Ihrer Mentorenarbeit?
Ich denke alle profitieren von einer gemeinsamen Zusammenarbeit. Man kann sich gegenseitig unterstützen und für die MiAs eine gute Grundlage bilden. Mir persönlich bringt der Austausch Hintergrundwissen und ermöglicht einen ganzheitlichen Blick. Ich finde, alle Säulen der Ausbildung sollten ineinandergreifen, um bestmöglich zu funktionieren. Oft haben MiAs Fragen, die ich so besser beantworten kann, und durch mein Wissen über die Lerninhalte der Semester lässt sich Praxis und Theorie gut verknüpfen.
Kooperation und Netzwerk für starke Ausbildung
Mentorinnen und Mentoren arbeiten eng mit Fachschulen für Sozialpädagogik wie Pro Inklusio oder Anna-Freud-Schule zusammen. Der Austausch bringt Hintergrundwissen und sichert ein einheitliches Ausbildungsverständnis. Zusätzlich gibt es regelmäßige Mentoren-Treffen, Supervisionen und digitale Plattformen, um Standards weiterzuentwickeln.
Herausforderungen meistern – und Erfolge feiern
Was sind typische Herausforderungen für MiA´s im Kita-Alltag und wie unterstützen Sie sie konkret?
Die begleitende Einarbeitung ist oft eine Herausforderung. MiAs sind da und sollen schnell eigenständig Aufgaben übernehmen. Dabei treffen oft unterschiedliche Erwartungshaltungen zwischen Fachkräften und MiAs aufeinander. MiAs fühlen sich manchmal nicht ausreichend wahrgenommen und „schwimmen“ so mit. Auch das Zusammenspiel von Theorie und Praxis stellt für die MiAs der Fachschule für Sozialpädagogik Pro Inklusio häufig eine Herausforderung dar, da die Zeit fehlt, pädagogische Inhalte zu besprechen oder zu reflektieren. Dabei spielen auch unterschiedliche Standpunkte der Fachkräfte eine Rolle.
Ich übernehme Fragen und Anliegen, kläre Unsicherheiten, stärke den Mut zum Ansprechen und führe Feedbackgespräche mit MiAs, Fachkräften und ggf. Leitungen. Gemeinsam treffen wir Vereinbarungen zur Verbesserung der Situation. Dabei verweise ich auf den Leitfaden Ausbildung, das Einarbeitungskonzept und ziehe bei Bedarf Frau Meyer, Leitung Ausbildung, hinzu.
Können Sie ein Beispiel nennen, in dem Ihre Unterstützung besonders hilfreich war?
Ein MiA hat sich im Laufe der Ausbildung so entwickelt, dass er gestärkt war, Dinge anzusprechen und positive Erfahrungen gemacht hat und am Ende der Ausbildung sogar in der Einrichtung geblieben ist.
Einige Mias spiegeln mir wider, dass sie froh sind, dass es mich gibt, dass sie ohne mich nicht mehr da wären. Es gab schon Einrichtungswechsel, die geholfen haben, viele Gespräche, auch der Perspektivwechsel hilft oft. Mir ist auch wichtig, dass MiAs manchmal verstehen, warum andere Fachkräfte etwas anderes sehen können.
Mentoring als Investition in Qualität und Zukunft
Können Sie ein Erlebnis teilen, bei dem Sie besonders stolz auf den Ausbildungsfortschritt einer MiA waren?
Ich begleite mehrere MiAs in einer Einrichtung, die letztes Jahr viele Herausforderungen hatte. Zwischendurch wollten alle wechseln und waren frustriert. Über Wochen habe ich sie bestärkt, die Situation als Chance zu sehen, die MiAs zu vernetzen und Qualität zu sichern. Mit Erfolg. In einer anderen Kita hat ein Wechsel dafür gesorgt, dass sich MiAs wohler fühlten, besser begleitet wurden und sich in einer positiven Lernatmosphäre gut entwickelten.
Mich freut es immer, wenn sie mir positive Rückmeldungen geben oder stolz auf ihre Erfahrungen sind. Auch der herzliche, wertschätzende und partizipative Umgang mit Kindern macht mich stolz. Ich würde alle meine MiAs gern gemeinsam in einer Kita einsetzen – ihre Kompetenzen und Stärken ergänzen sich perfekt.
Wie trägt Ihre Mentorenarbeit langfristig zur Qualität in den Kitas und zur frühkindlichen Bildung bei?
Je höher die Qualität der Ausbildung, desto besser agieren MiAs als Fachkräfte. Ihr Wissen, die Umsetzung von Kinderrechten und der stärkenorientierte Blick auf Kinder fördern deren Entwicklung. Einheitliche Themen und Materialien sichern die Ausbildungsqualität. Die enge Vernetzung von Praxis und Theorie unterstützt MiAs dabei, sich als pädagogische Fachkraft zu entwickeln.
Welche weiteren Unterstützungen oder Materialien würden Sie sich für Ihre Arbeit als Mentor (m/w/d) wünschen?
Wichtig wäre, dass weiterhin freigestellte Mentoren (m/w/d) alle MiAs begleiten können, um die Qualität durchgängig zu sichern. Auch beratend den Leitungen und Fachkräften mehr zur Seite zu stehen, wäre sinnvoll.
Was ist Ihr persönliches Ziel als Mentor (m/w/d) – auch über die Ausbildung hinaus?
Das Ziel sollte sein, dass MiAs nach Abschluss ihrer Ausbildung im Eigenbetrieb Nordwest bleiben, sofern Träger und Rahmenbedingungen stimmen und sie sich wohlfühlen. So können sie Veränderungen in der Teamentwicklung begleiten, mich weiterhin als Ansprechpartnerin kontaktieren und Entwicklungsprozesse mit viel Engagement und Motivation anstoßen, natürlich immer mit Blick auf die Kinder.
Vielen Dank Frau Ebbert, für die vielen Einblicke in Ihren persönlichen Alltag und was Sie bewegt.
(Interview aus dem August 2025 mit Frau Flauß)