Einblicke durch Ronny Linde – Mitarbeiter in berufsbegleitender Ausbildung (MiA) bei Kita Nordwest: “Ich sehe mich nicht in der Rolle als dieser klassische Erzieher (m/w/d), den viele ältere Pädagogen (m/w/d) vielleicht noch aus damaliger Zeit kennen, sondern eher als Begleiter.”

Ronny Linde ist Mitarbeiter in berufsbegleitender Ausbildung (kurz: MiA) bei Kindertagesstätten Nordwest. Im Gespräch mit Felicitas Pannwitz, Personalreferentin bei Kindertagesstätten Nordwest, erzählt er, warum er sich für eine Ausbildung als Erzieher (m/w/d) entschieden hat, was ihm in seinem Beruf besonders wichtig ist und vor welchen Herausforderungen Interessierte stehen könnten. Außerdem verrät er, warum ihm der Job so viel Freude bereitet.

Unser MiA – Mitarbeiter (m/w/d) in berufsbegleitender Ausbildung startet durch

Hallo Ronny, ganz lieben Dank, dass du dir heute für unser Gespräch die Zeit nimmst. Wie lange bist du denn schon in der berufsbegleitenden Ausbildung zum Erzieher (m/w/d) und welche Schule besuchst du?

Ich bin jetzt ein Jahr in der Ausbildung und gerade frisch ins dritte Semester gerutscht. Ich besuche die Pro Inklusio.

Und deinen praktischen Teil absolvierst du hier in der Kita Griesinger Waldfüssler in Berlin Spandau? Wirst du als Mitarbeiter (m/w/d) in berufsbegleitender Ausbildung von einer freigestellten Mentorin (m/w/d) betreut? 

Beides richtig.

Die neue Mitarbeiterin in Ausbildung und ich werden durch eine freigestellte Mentorin betreut. Die beiden anderen, die schon länger in der Ausbildung sind, werden durch Kolleg*innen in der Kita betreut.

Für mich ist das sehr gewinnbringend. 

Hast du dir konkret diese Kita für den praktischen Teil deiner Ausbildung ausgesucht? 

Jein. Vor sieben Jahren hatte ich mich schon einmal für eine Ausbildung als Erzieher beworben. Da bin ich aber bei einem privaten Träger gelandet, weil meine Bewerbung bei den Eigenbetrieben nicht angenommen wurde. 

Vor einem Jahr habe ich dann die Webseite der Eigenbetriebe zur Ausbildung gefunden, die von der Pro Inklusio verwaltet wird. Dort habe ich einen Schulplatz erhalten und meine Bewerbung wurde an Kita Nordwest weitergeleitet für die Vermittlung einer Praxisstelle. Ich wurde anschließend von Nordwest angeschrieben, ob ich Lust hätte, mir die Kita Griesinger Waldfüssler anzugucken. Ich bin dann einmal geradeaus durch den Wald hierhergefahren und dann war sie da. 

Und ich wollte mir auch gar keine andere mehr angucken, weil ... 

Schockverliebt?

Ja. Tür auf, auch Tiere da, ach, ja…

Das heißt, wenn du vor sieben Jahren schon mal probiert hast, die Erzieherausbildung zu starten, hast du eine berufliche Vorgeschichte? 

Auch im pädagogischen Bereich, ja.

Ich machte zuvor bei einem privaten Träger eine berufsbegleitende Ausbildung, die es zum damaligen Zeitpunkt nur in Berlin gab. Deshalb bin ich extra hierhergezogen. Ich habe dann aber aus finanziellen Gründen abgebrochen, weil der Praxisanteil schlechter bezahlt wurde.

Jetzt habe ich das Glück, dass ich meinen vorherigen Beruf immer noch als zweite Einkommensquelle habe. Das Leben wäre sonst für mich als Alleinstehender schwer stemmbar finanziell. 

Darf ich dich fragen, was du vorher gearbeitet hast? 

Ich habe 15 Jahre in der IT gearbeitet. Ich habe ein Informatikstudium angefangen und bin dann während des Studiums in eine Vollzeitstelle als ITler reingerutscht. Programmieren liebe ich heute immer noch, das ist mein leidenschaftliches Hobby. Beruflich sehe ich mich da allerdings nicht mehr. Das befriedigt mich nicht.

Das war ja ein ganz schöner Wandel von der IT zur Pädagogik. 

Nein, nein, der Wandel, der kommt erst noch. 

Mein letzter großer Arbeitgeber war tatsächlich der Deutsche Bundestag, da hatte ich mein Büro neben Frau Merkel. Kein Witz. Dort fuhr die U55 und das fand ich so spannend, dass ich die letzten vier Jahre vor dem Beginn der Erzieherausbildung als U-Bahn-Fahrer arbeitete. Und das mache ich immer noch.

Spannend! Also von der IT zur U-Bahn und weiter in den Kita-Alltag. Fährst du nebenbei immer noch U-Bahn? Das geht alles nebenbei?

Es ist anstrengend, aber es geht, ja. Das ist eine nette Abwechslung, so vollkommen anders.

Verständlich! Was hat dich dazu bewegt, eine Ausbildung in einem komplett neuen Berufsfeld zu wagen?

Die Dankbarkeit als allererstes, die ich in der Arbeit mit den Kindern erfahre. Sie sagen nicht einfach nur Danke, sondern sie kommen an und freuen sich wirklich, wenn wir uns sehen. Das ist eigentlich mein Hauptbeweggrund. 

Auch habe ich so viele Sachen schon erlebt, die ich gerne mit den Kindern teilen möchte. Ich sehe mich nicht in der Rolle als dieser klassische Erzieher, den viele ältere Pädagogen (m/w/d) vielleicht noch aus damaliger Zeit kennen, sondern eher als Begleiter. Als jemand, der die Kinder in ihren Entwicklungsbereichen fördert und genau dort unterstützt, wo ihr Interesse gerade wächst. 

Das ist das, was mich wirklich erfüllt.

Da bringst du wirklich unterschiedliche Lebenserfahrungen für den Kita-Alltag mit.

Mein inneres Kind ist auch noch sehr aktiv.

Ich bin sehr empathisch und spüre sofort, wenn sich ein Kind benachteiligt fühlt — sei es, weil ihm etwas weggenommen wurde oder weil eine Situation unter den Kindern nicht harmonisch verläuft und es besser wäre, sie kurzzeitig zu trennen. Ich kann mich gut in ihre Gefühle hineinversetzen und reagiere verständnisvoll, anstatt frustriert zu sein oder vorschnell zu urteilen. Mir geht es darum, ihre Emotionen wirklich zu erkennen und einfühlsam darauf einzugehen. Das finde ich einfach auch sehr wichtig in meiner Rolle als Erzieher.

Und ich bin eben nicht nur genervt und denke, dass die Kinder jetzt schon wieder so oder so gehandelt haben.

Kita-Alltag MiA – Mitarbeiter in berufsbegleitender Ausbildung (m/w/d)

Nun hat der Beruf des Erziehers (m/w/d) viele schöne Seiten, aber auch Herausforderungen. Welche sind deine größten Herausforderungen in deiner Rolle als Mitarbeiter in Ausbildung? Was sollten Interessierte wissen, bevor sie sich für die Erzieher Ausbildung (m/w/d) entscheiden?

Viele, die sich für den Erzieherberuf interessieren, haben oft falsche Vorstellungen — das habe ich gleich zu Beginn meiner Ausbildung gemerkt. Einige starten mit der Erwartung, den ganzen Tag nur mit Kindern zu spielen. Doch diese Klassenkameraden (m/w/d) sind mittlerweile nicht mehr dabei.

Wenn man sich anstrengt, ist die Ausbildung machbar. Aber wer glaubt, es reicht, einfach nur anwesend zu sein – sei es in der Schule oder im Praxisalltag – wird schnell merken, dass das nicht funktioniert. Den Beruf muss man schon wirklich mit Herzblut machen, sonst hat niemand was davon. Das merkt man auch im Team. Wenn hier eine Unstimmigkeit herrscht, wird es wirklich schwer - emotional und auch kollegial. 

Weil das Team sehr eng zusammenarbeitet? 

Das ist wie in einer Ehe. (lacht)

Verstehe. Und was schätzt du darüber hinaus noch am Beruf als Erzieher (m/w/d)? 

Man ist in gewisser Form selbstbestimmt in seinem Tagesablauf. Ich kann meine Interessen und meine Stärken mit einbringen und meine Freude und Leidenschaft mit den Kindern teilen. Das ist alles nicht so starr. Deshalb habe ich auch mit dem Programmieren aufgehört, wo es sehr viele Vorgaben gibt.

Wenn ich als Erzieher sehe, dass wir heute gut besetzt sind, dann sage ich: „Kommt, Kinder, lasst uns in den Wald gehen oder einen spontanen Ausflug machen!“ Das ist unbezahlbar, dieses Gefühl. Vor allem, wenn ich sehe, wie die Kinder sich dabei fühlen und wie sie Spaß haben.

Erst heute waren wir ganz spontan im Wald. Wir hatten eine riesige Schneeballschlacht. Die Begeisterung der Kinder war einfach ansteckend. Das sind die Augenblicke, die den Beruf so besonders machen.

Deine Kita, die Kita Griesinger Waldfüssler, hat wie alle anderen Kitas verschiedene Themenräume. Welches Angebot machst du am liebsten?

In der Angebotsplanung bin ich noch am Anfang, da sie erst jetzt in der Ausbildung richtig startet. Ich konzentriere mich eher auf die Interessen der Kinder und den Situationsansatz und gestalte Aktivitäten spontan. Besonders gerne bin ich mit den Kindern draußen und kümmere mich um die Tiere.

Die Kita Griesinger Waldfüssler ist eine besondere Kita – warum eigentlich?

Auf unserem Außengelände leben Kaninchen, Meerschweinchen, Schafe, Schweine und zwei Ponys. Das Besondere an unserer Kita ist, dass die Kinder hier aktiv Verantwortung für die Tiere übernehmen dürfen, in Absprache auch eigenverantwortlich. Das Säubern der Gehege ist in den wärmeren Monaten natürlich beliebter bei den Kindern als jetzt im Winter. Aber wenn es dann wieder wärmer wird, dann schieben die Kinder ihre Schubkarren, machen das Heu weg, füttern. Die Kinder schneiden auch Obst und Gemüse für die Tiere zum Beispiel. 

Also bietet die Kita ein breites Spektrum an Naturerfahrung und das ist schon sehr schön. Gerade auch in der Stadt. Echt klasse.

Hat eure Kita dann auch Schließzeiten?

Ja, auch unsere Kita hat Schließzeiten. Für die Tiere sind aber immer ein paar Erzieher*innen hier. Das ist für mich auch ganz gut so, da ich nicht unbedingt in den Ferien Urlaub brauche. So muss ich mich nicht nach den Schließzeiten richten und sehe das eher als Vorteil.

Mitarbeiter in berufsbegleitender Ausbildung (m/w/d): Der theoretische Teil

Kommen wir nochmal zurück zum theoretischen Teil deiner berufsbegleitenden Ausbildung. Welche Inhalte werden in der Schule vermittelt und was macht dir am meisten Spaß? 

Es gibt hier nicht so typische Fächer wie Mathe, Englisch oder Deutsch. Die Fächer haben abstrakte Namen wie LF1, LF2 und LB2. Ich persönlich empfinde den theoretischen Input bei Pro Inklusio als sehr, sehr gut und wertvoll. Er ist extrem konzentriert und auch auf Inklusion ausgerichtet. Natürlich ist es auch mal anstrengend, sich aus zum Beispiel 20 Seiten Text Inhalte zu erarbeiten, aber man wird mit wertvollem Wissen belohnt.

Gibt es ein Thema im Rahmen deiner schulischen Ausbildung, auf das du dich jetzt schon sehr freust? 

Ich habe viele Interessen, aber der Umgang mit den Kindern und die Konfliktbewältigung stehen für mich an allererster Stelle. Das ist die Kompetenz, die wir Erzieher am meisten brauchen. Zuerst müssen wir mit unserem eigenen Frust umgehen können, das Konfliktpotenzial zwischen Kindern erkennen und deeskalieren. Ich möchte den Kindern Handlungsstrategien an die Hand geben, wie sie mit ihren Problemen umgehen können. Ich bin da schon sehr ruhig und sachlich, aber ich wünsche mir mehr Handlungskompetenz. Darauf möchte ich mich wirklich mehr fokussieren.

Und natürlich das Thema Natur. Ich bin auf der Insel Usedom groß geworden, in einer idyllischen Umgebung, wo es keine verschlossenen Türen gab und man mit sechs Jahren den ganzen Tag im Wald verbrachte. Heute fehlt den Kindern oft die frische Luft. Sie langweilen sich oder spielen nur unruhig. Wenn sie jedoch in die Natur gehen, zum Beispiel auf einen Baum klettern, verändert sich ihre Stimmung sofort. Ich möchte diesen Mehrwert nicht nur den Kindern, sondern auch anderen Pädagogen (m/w/d) näherbringen.

Was sind denn deine Pläne für die Zukunft? Hast du Lust, dich in Richtung Naturpädagogik noch weiter zu qualifizieren? Und bleibst du weiterhin U-Bahn-Fahrer nebenbei?

Ja, Naturpädagogik kann ich mir sehr gut vorstellen.

Und der Nebenjob… Es sind wirklich zwei unterschiedliche Welten. Früher war das U-Bahn-Fahren für mich echt eine Qual, besonders in den letzten Monaten vor der Ausbildung. Ich hatte keinen festen Lebensrhythmus. An einem Tag habe ich um 6 Uhr angefangen, am nächsten Tag um 11, dann wieder um 5. Die Menschen dort unten sind auch ganz anders als an der Oberfläche. Das hat mich wirklich belastet. Aber jetzt setze ich mich da rein, fahre meine acht oder zwölf Runden, und dann fahre ich nach Hause und denke: Wow, der Tag ist schon vorbei. Ich verdiene ein nettes Taschengeld, das mir jeden Monat viel ermöglicht. Eigentlich habe ich permanent eine 6-Tage-Woche und plane, das auch nach der Ausbildung weiterzumachen, solange es noch geht.

Vielen Dank Ronny, für die vielen Einblicke in deinen auch sehr persönlichen Alltag und was dich bewegt. Das hat sehr viel Spaß gemacht!

Interview im Februar 2025 in der Kita Griesinger Waldfüssler (Berlin Spandau)